Um der islamischen Glaubensgemeinschaft Gestalt und Bestand zu verleihen, hat der Koran verschiedene Bestimmungen erlassen. Diese betreffen die religiösen Pflichten des Muslims, die moralischen Werte und Normen des sittlichen Handelns, die Grundeinstellung der Familie, die Grundlagen der Gemeinschaft und die politische Grundstruktur der Gesellschaft.
Der folgende Abschnitt befasst sich mit den religiösen Grundpflichten der Muslime. Weil die Menschen an der Erfüllung dieser Pflichten als Muslime erkannt werden, werden sie die Grundpfeiler bzw. die Hauptstützen des Islams genannt. Sie sind fünf an der Zahl:
- das Glaubensbekenntnis (shahāda)
- das Pflichtgebet (salāt)
- das Fasten (saum)
- die gesetzliche Abgabe (zakā)
- die Wallfahrt nach Mekka (hadjj)
Der Mensch wird Muslim, wenn er das Glaubensbekenntnis ablegt. Es lautet: "Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Gott, und Muhammad ist der Gesandte Gottes." Der Gläubige rezitiert oft diese Formel, um immer wieder seinen Glauben zu bestätigen und seine Hingabe an Gott und seine Bindung an den Gesandten Muhammad, an den Islam und an die Gemeinschaft der Muslime zu befestigen.
Das Gebet ist der vorzügliche Ausdruck des Glaubens. Es beinhaltet die Anerkennung der Souveränität Gottes und der Abhängigkeit des Menschen vom göttlichen Wohlwollen. Der Islam kennt das Pflichtgebet (salāt), das private Gebet (du'ā') und das mystische Gebet, Anrufung des Namens Gottes oder Gottgedenken (dhikr) genannt.
Es sind gewissen Reinheitsvorschriften einzuhalten, wie etwa rituelle Waschungen, Vorschriften über den Zustand des Körpers, der Kleider und des Gebetsortes, sowie über den Vollzug des Gebetes.
Der Fastenmonat Ramadan (Ramadān, neunte Monat des islamischen Mondkalenders) gilt im Islam als eine besonders gnadenvolle Zeit. Denn die oranische Offenbarung ist in einer seiner Nächte, der Nacht der Bestimmung (laylat al-qadr, 27. Ramadān) herabgesandt worden (97, 1; 44, 2-5). Wer also die Fastenpflicht im Geiste der Buße und Dankbarkeit für die Offenbarung des Korans erfüllt, dem werden die Sünden und Verfehlungen vergeben.
Die Pflicht des Fastens (2, 183) betrifft alle Gläubigen, die erwachsen und ihrer Sinne mächtig und sonst in der Lage sind, das Fasten zu halten. Befreit sind menstruierende, schwangere und stillende Frauen, Kranke und Alterschwache, endlich Reisende, denen das Fasten eine ungebührliche Last ist. Säumige haben die Fasttage nachzuholen, die sie nicht eingehalten haben. Zudem sollte eine Sühne geleistet werden (z.B. Speisung der Armen, 2, 184). Den von der Fastenpflicht befreiten wird empfohlen, nach Möglichkeit die versäumten Fasttage nachzuholen (2, 184-185).
Die Zeit des Pflichtfastens ist der Mondmonat Ramadān, der im Laufe der Jahre die Jahreszeiten des Sonnenkalenders durchwandert und dadurch das Fasten zu einer mehr oder weniger schweren Belastung macht. Denn der Gläubige hat sich im Monat Ramadan zu enthalten von Speise und Trank und von allem, was ihnen gleichkommt bzw. ähnlich ist, von Rauchen und Geschlechtsverkehr, und dies von der Morgendämmerung bis zum Sonnenaufgang.
Neben den freiwilligen Almosen zugungsten der Armen gibt die gesetzlich vorgegebene Abgabe. Das ist der Beitrag der Gläubigen zur Finanzierung der Aufgaben, die der solidaren Gemeinschft der Muslime und dem islamischen Staat im allgemeinen auferlegt sind. Die Höhe der gesetzlichen Abgabe wird den zu versteuernden Gütern, Waren und Einkünften entsprechend festgesetzt.
Mit der Wallfahrt nach Mekka wird der Muslim auf die Ursprünge des Islams verwiesen und dorthin geführt, wo die koranische Offenbarung herabgesandt worden ist. Auch der Prophet Muhammad hat diese Pflicht erfüllt und ist im Jahre 632 nach Mekka gepilgert. Die Riten, die er bei dieser Wallfahrt vollzogen hat, gelten als verpflichtend für die muslimischen pilger aller Zeiten. Ziel der Wallfahrt ist in erster Linie die Kaba (ka'ba). Nach dem Koran wurde dieses Heiligtum von Abrahma und seinem Sohn Ismael, dem Vater der Araber, zur Anbetung Gottes gebaut (2, 124-129; vgl 3. 96-97).
Diese Pflicht muß einmal im Leben erfüllt werden, und zwar irgendwann nach der Erreichung des Erwachsenenalters (nach der Rechtsschule des Shafi'ik) oder so bald wie möglich (nach den drei anderen Rechtsschulen, die die Erfüllung dieser Pflicht sicherstellen wollen). Betroffen davon sind die Muslime, Männer und Frauen, die erwachsen, ihrer Sinne mächtig, frei und zur Wallfahrt aus gesundheitlichen, wirtschaftlichen, sicherheitsmäßigen und organisatorischen Gründen ind er Lage sind. Wer diese Pflicht nicht erfüllt hat, hinterläßt sie wie ein Schuld den Verwaltern seines Erbes, die für diese Pflicht nun aufkommen müssen.